THE RIFFS III - DIE RATTEN VON MANHATTAN

Originaltitel RATTI - NOTTE DI TERRORE (Italien)
LES RATS DE MANHATTAN (Frankreich)
Alternativtitel RATS (US-Videotitel)
RATS - NIGHTS OF TERROR (britischer Videotitel)
LES MUTANTES DE LA DEUXIEME HUMANITE (frz. Alternativtitel)
   
Land und Jahr Italien, Frankreich 1984
   
Regie Vincent Dawn [= Bruno Mattei]
Produktionsfirma Beatrice Film, Rom & IMP.EX.CI., Nizza
Drehbuch Claudio Fragasso & Hervé Piccini
Story Bruno Mattei
Kamera Franco Delli Colli
Schnitt Gilbert Kikoine
Musik Luigi Ceccarelli
   
Darsteller Richard Raymond [= Ottaviano dell'Acqua], Janna Ryann, Alex McBride [= Massimo Vanni], Richard Cross, Ann-Gisel Glass, Christoph Bretner u. a.
   
deutsche Erstaufführung 03.08.1984
Verleih Alemannia-Filmverleih
Format 1:1,85
Laufzeit 95 Minuten (= 2647 Meter, deutsche Kino-Version); Originallänge: 97 Minuten
Home-Entertainment Video:
Silwa-Royal-Video;
Videofilms Collection Vidéothèque, Frankreich.
DVD:
Laser-Paradise (um eine Dialogszene ergänzt);
Anchor Bay Entertainment, USA.

 

"Computern und Leichen sollte man möglichst aus dem Weg gehen."

(King, nicht Stephen, sondern Kurt)

 

Sind das wirklich die "Riffs"? Misstrauen beschleicht den Betrachter der Eröffnungssequenz des vermeintlich dritten Teils der erfolgreichen italienischen Endzeitsaga. Die sehen aber schon ein bisschen anders aus. Hmm. Komisch. Na ja, wird schon noch kommen. Denkste, lieber Zuschauer. Wird eben nicht kommen. Leider gibt es nur in Deutschland eine RIFFS-Trilogie und leider sind das deshalb auch nicht die echten "Riffs", die zu den Klängen von Luigi Ceccarellis billigen Orgelklängen in majestätischer Pose in Fantasie-Autos und auf Motorrädern auf den Hinterhof eines heruntergekommenen Fabrikgeländes fahren. Kein Mark Gregory also diesmal.

So, und hier ist dann also Manhattan. Klar, steht ja auch so im Titel des Films.

Die Welt ist nach einem Atomkrieg völlig zerstört. Nur eine Bande von Rockern hat scheinbar das Inferno überlebt. Ihr Anführer ist King (Richard Raymond), der im Original Kurt heißt (eine Hommage an Kurt Russel?). Der Hinterhof gehört zu einem ziemlich verwahrlosten Western-Saloon. Statt von freundlicher Klaviermusik werden King & Co vom Quietschen schmieriger Ratten empfangen. In den Ecken liegen schlimm zugerichtete Leichen und so weicht die Freude über den Fund eines Mehl-, Nudel- und Zuckerlagers bald dem Schrecken. Aber die Mogel-"Riffs" haben schon zu viel Grauen erlebt, als dass sie sich von ein paar Unannehmlichkeiten unterkriegen lassen würden.

Die Erforschung der Räumlichkeiten geht weiter. Bald stellt sich heraus, dass im Keller des Saloons ein verborgenes Labor untergebracht ist. Hier hat eine Gruppe Wissenschaftler der strenggeheimen "Operation Rückkehr zum Licht" bis zuletzt versucht, einen Weg für das Überleben der Menschheit zu finden. Neben einem Supercomputer befindet sich dort unten eine Art Gewächshaus, in dem künstlich gezüchtete Pflanzen sprießen und auch Wasser in Hülle und Fülle vorhanden ist. Die Bande schöpft Hoffnung. Wenn man jetzt noch die geheimnisvolle Überlebensdroge fände, von der so oft hinter vorgehaltener Hand gemunkelt wurde, wäre ein Neuanfang möglich.

Nach einer zünftigen Mehlparty mit Kasatschok bricht Übermut aus. Lucifer und Lilith können nicht voneinander lassen und werden zur Strafe ausgesperrt. Darauf haben die Ratten nur gewartet. Todesschreie hallen durch den Saloon. Als man Lilith in ihrem Schlafsack findet, hat sie bereits das Zeitliche gesegnet. Unter dem hysterischen Geschrei der Frauen öffnet sich plötzlich ihr Mund und eine Ratte lugt neugierig hervor. Jetzt geht es Schlag auf Schlag. Einer nach dem anderen wird ein Opfer der mörderischen Nager.

Deus, ein Irokese der die Weisheit gepachtet hat, kennt die Wahrheit: die Ratten haben die Herrschaft übernommen und werden sich diese von niemandem streitig machen lassen. Die Monster sind unerbittlich. Erst überfallen sie das Gewächshaus und dann verseuchen sie auch noch die Wasservorräte. Es scheint keine Rettung mehr zu geben.

"Wir sind die letzten auf dieser Erde, die überlebt haben. Aber die ‚Riffs' werden niemals aufgeben, verstanden?", versucht King kurz vor Schluss die letzten Mitglieder der Gruppe noch einmal zu motivieren, und quasi im Nebensatz doch noch den ungläubigen Zuschauer von der Wahrhaftigkeit des Filmtitels zu überzeugen. Für beides ist es allerdings zu spät. Wie schon die Wissenschaftler vor ihnen, fallen auch fast alle Ersatz-"Riffs" den gefräßigen Bestien zum Opfer. Nur Video und Chocolate, der Hacker-Spezialist und die schwarze Schönheit, können aus dem Saloon entkommen. Draußen nähert sich eine Spezialtruppe in Schutzanzügen, die scheinbar mit der Entseuchung der Gegend beschäftigt ist. Gerettet, denken die beiden, doch es wartet eine böse Überraschung auf sie ...

Bruno Mattei war nie ein guter Regisseur, aber seine Filme sind meistens durchaus unterhaltsam. Das heißt nicht, dass sie nicht auch furchtbar langweilig wären, doch das ist für den wahren Connaisseur kein Widerspruch. In THE RIFFS III passiert nicht wirklich viel und das was passiert, ist auch noch miserabel inszeniert. Zudem sind die Schauspieler mieser als in durchschnittlichen Seifenopern, die Kostüme lächerlich (King trägt Mütze, Sonnenbrille und einen roten Schal) und die Ausstattung ärmlich (der Film spielt wohl nur in einem Saloon, weil keine anderen Kulissen verfügbar waren). Den Löwenanteil der Spielzeit verbringen die Charaktere damit, durch dunkle Flure zu schleichen und hysterisch durcheinander zu reden (Dies brachte den Filmgelehrten Christian Keßler einst dazu, den Film ins Genre der "Krauchfilme" einzuordnen). Was sie dabei allerdings von sich geben, gehört zu den Klassikern deutscher Synchron-Kunst. Beim Anblick einer rattenzernagten Leiche fällt King nichts besseres ein als: "Er hat die Atombombe überlebt und ist jetzt tot." Wie wahr. Kleverle Deus (der Irokese), nachdem Computerspezialist Video den Rechner wieder zum Laufen gebracht hat: "Ich würde sagen, er hat etwas wie 'ne Datei abgerufen. Du musst jetzt in das Programm reinkommen." Und so geht es weiter.

Das Drehbuch zu diesem Debakel stammt von Claudio Fragasso, dem Meisterschüler Matteis. Fragasso bescherte der Welt eigene Regie-Knüller wie MONSTER DOG und AFTER DEATH, ebenfalls nicht gerade Perlen der Filmkunst. Mit Ruhm bekleckert sich niemand im RATTI-Team. Einzig Kameramann Franco Delli Colli (TÖTE DJANGO, DER TOD TRÄGT SCHWARZES LEDER und ZEDER) zieht sich ohne grobe Aussetzer aus der Affäre. Allerdings hat er auch schon bessere Zeiten gesehen.

Aber zurück zu den RIFFS. Die beiden Endzeit-Klassiker von Enzo G. Castellari (THE RIFFS - DIE GEWALT SIND WIR, 1982; THE RIFFS II - FLUCHT AUS DER BRONX, 1982) hatten für den ALEMANNIA-FILMVERLEIH dermaßen gute Kasse gemacht, dass man sich so sehr einen dritten Teil wünschte, bis man ihn bekam. "Bekam" trifft die Sache vielleicht nicht ganz so genau, denn es war schon ein wenig Eigenleistung nötig. Wie schön, dass Bruno M. seine Proletentruppe im soeben abgedrehten Horrorschocker RATTI - NOTTE DEL TERRORE in der Eröffnungsszene auf Feuerstühlen in Richtung Saloon brettern lässt. Da waren sie schon, die "Riffs". Ein kleiner Synchron-Trick noch und ab dafür. Geniale Idee. Ob es Proteste in den Kinos gab, ist nicht überliefert. Da ALEMANNIA keinen vierten Teil mehr zusammenbastelte, steht jedoch zu vermuten, dass nicht allzu viele Besucher auf den Schwindel hereinfielen. Ich finde das schade.

Noch ein Wort zu den Filmtricks. Die Glibbermasken sind zwar Marke Eigenbau, aber noch einigermaßen effektvoll. Anders sieht es bei den aufwendigeren Sensationen aus. Die Szene in der sich die Lederjacke eines Rattenopfers aufbläht, um sich dann wie ein Schatzkästlein langsam zu öffnen und eine friedlich im Schlick vor sich hinmümmelnde Ratte zu offenbaren, kann nur Gelächter erzeugen. Da mögen die Darsteller noch so laut durcheinander schreien. Auch als unsere Helden von "Millionen von Ratten" angegriffen werden, können die Trickzauberer nicht gerade viel aufbieten. Ein diffuses Etwas (Ratten?) wabert sich, den Zacken einer altmodischen Brotschneidemaschine gleich, durchs Bild. Bedrohlich war das wohl nur für die Finger des Brotmaschinenbetreibers.

Überhaupt: die Ratten. Rote Augen bei schwarzen Ratten? Das gibt es eigentlich nicht. Nur in Horrorfilmen. Die Tierchen sitzen auch in den schlimmsten Terrorszenen friedlich herum, naschen oder kuscheln sich gemütlich aneinander. Auch scheint das magere Filmbudget stark für den sparsamen Einsatz der RATS verantwortlich gewesen zu sein. Bei ZOO-BURDA in Gelsenkirchen kostete eine Ratte Anfang der 80er-Jahre 6 DM. Demnach waren für den Rattenfaktor in Matteis Portemonnaie also nahezu 150 DM übrig. Was das in Lire ist, kann ich leider nicht sagen.

THE RIFFS III darf man nicht mit den ersten beiden Teilen vergleichen, sonst bekommt man Ausschlag. Für sich allein gesehen mag das Werk aber durchaus zu bezaubern. Es versprüht diese seltsame und schwer zu beschreibende Art von Filmmagie, die von so vielen Italo-Exploitation Produktionen dieser wunderbaren, aber unwiederholbaren Zeit ausgeht. Was damals noch keiner ahnen konnte: THE RIFFS III war einer der letzten, echten Italo-Schocker. Danach kam nicht mehr viel. Schon allein deshalb sollte Matteis Rattenzauber einen ganz besonderen Platz im Filmolymp einnehmen, zumindest auf der allerletzten Bank.

© by HEINZ KLETT

 

 

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