DIE SÄGE DES TODES

Originaltitel DIE SÄGE DES TODES
Alternativtitel BLOODY MOON (USA/Großbritannien)
COLEGIALAS VIOLADAS (Spanien)
PROFONDO TENEBRE (Italien)
   
Land und Jahr Bundesrepublik Deutschland 1980
   
Regie Jess Franco [=Jesus Franco Manera]
Produktionsfirma Lisa Film/Rapid Film/Metro, München
Drehbuch Rayo Casablanca
Kamera Juan Soler
Schnitt Karl Aulitzky & Christine Jank
Musik Gerhard Heinz, "Love In The Shadow" von Frank Duval
Kameraassistenz Fátima Ochando
Regieassistenz Rosa Almirall [=Lina Romay]
Special Effects Juan Ramón Molina
Ausstattung Klaus Haase
Kostüme Rolf Albrecht
Maske Lore Sottung
Standfotograf Hannes Fürbringer
Aufnahmeleitung Otto W. Retzer & Antonio Mayans
Herstellungsleitung Erich Tomek
Gesamtleitung Wolf C. Hartwig
Koordinator Maite Mannchen
   
Darsteller Olivia Pascal, Christoph Moosbrugger, Nadja Gerganoff, Jasmin Losensky, Corinna Gillwald, Ann-Beate Engelke, Peter Exacoustos, Maria Rubio, Antonia Garcia, Beatrix Sancho Nieto, Alexander Waechter u. a.
   
deutsche Erstaufführung 27.03.1981
Verleih Residenz Filmverleih GmbH
Format 1:1,85
Laufzeit 84 Minuten (deutsche Kino-Version)
Home-Entertainment Video:
VMP (81:06 Minuten, ungeschnitten).

 

Wenn von deutscher Seite aus der Wunsch besteht, auf einen bereits den Bahnhof verlassenden Genre-Zug aufzuspringen, dann muss das natürlich nicht unbedingt von Erfolg gekrönt sein. Alle vernünftig-logischen Überlegungen ignorierend, schickten sich so auch die Heroen der LISA-FILM in München an, einen möglichst knackigen Beitrag zu der seit Ende der 70er Jahre grassierenden Welle der "Slasher-Movies" in die Kinos zu wuchten. Komme was da wolle. Was lag also näher, als auf bewährte Genre-Rezepturen sowie die flinken handwerklichen Fähigkeiten der erfahrenen spanischen Regie-Ikone Jess Franco zurückzugreifen? Das Resultat kann sich da natürliche dementsprechend "sehen" lassen:

Da haben wir zunächst einmal den etwas beschränkten Miguel, welcher nicht nur seiner Stiefschwester Manuela hörig ist, sondern auch über eine ganz besonders hässliche Visage verfügt und als gemeingefährlich einzustufen ist. Schon als Jugendlicher brachte er hinterrücks ein Mädchen um, sein gemeines Gesicht hinter einer harmlosen Micky Maus-Maske verschanzend. Ohne Folgen blieb das jedoch nicht, da Miguel für sein Verbrechen fünf Jahre in eine Klapsmühle eingesperrt wurde.

Da ist die Freude natürlich groß, als ihn die Schwester, die wohlmeinenden Worte des verantwortlichen Arztes mehr als minder in den Wind schlagend, eines Tages dort wieder abholt (wobei festzustellen ist, dass Miguels Frisur erstaunlicherweise immer noch so aussieht wie bei der Einlieferung). Sie hat sich in der Zwischenzeit mit Hilfe des Lehrers Alvaro eine Sprachschule aufgebaut, in der wissbegierige Mädchen aus dem Ausland die spanische Landessprache einpauken können. Der Tante, die alte Comtesse, der Ländereien, die Schule sowie das halbe Dorf gehören, traut ihrer Nichte Manuela jedoch nicht. In ihren Augen verbirgt sich "hinter der schönen Larve eine Fratze". Deshalb hat sie Manuela auch vorzeitig enterbt und Maskenmörder Miguel als Haupterben eingesetzt. Wen kümmert's?

In der Schule versammeln sich nun allerlei deutsche Mädchen, die bekleidungs- und schminktechnisch, selbst die wilden 80er Jahre großzügig berücksichtigend, nicht nur dem nächstbesten Straßenstrich entsprungen sein könnten, sondern auch als potentielle Vergewaltigungsopfer zu klassifizieren sind. Diese Truppe geballter Dummheit, der man ohne weiteres zutraut, dass ihr selbst unter gemeinschaftlicher Anstrengung die Zubereitung einer Tütensuppe misslingt, beschäftigt sich nun mit dem zu erreichenden Lernziel. Das heißt, wenn nicht gerade am Pool oben ohne herumgeflitzt wird oder es den knackigen Antonio anzubaggern gilt, über den sich die Mädels immerhin ausschließlich wohlwollend äußern: "Gärtner, Tennislehrer und der beste Bumser weit und breit!". Da kann die einhellige Meinung natürlich nur "Ich sag' doch, der ist cool!" lauten.

Doch unlängst sind dunkle Wolken über das Lernlager aufgezogen, denn die Comtesse wurde bereits von einem verwirrten Geist, unbemerkt von allen, mittels Fackel ermordet. Das Tagesgeschäft geht munter weiter - doch dann ... Eines Abends möchte sich Schülerin Eva von ihrer Kameradin Angela (die an Eindimensionalität kaum mehr zu überbietende Olivia Pascal) einen Pullover ausleihen. Just als sie diesen in Angelas Quartier anprobieren will, wird sie mit einem Riesen-Messer erstochen. Das sorgt natürlich für allerlei Aufregung, doch als Angela Evas kalten Corpus dem herbeigeeilten Antonio sowie ihrer Bungalow-Nachbarin Inga vorführen will, ist dieser verschwunden. Und nun quälen der eh von schlechten Kriminal-Romanen vorbelasteten Angela üble Gedanken. Diese werden natürlich durch die einsetzenden telefonischen Morddrohungen ("Auch du wirst sterben! Ich werde dich töten! Und weißt du wie? Mit einer Sääääge!") und die überall latent spürbare Gefahr noch verstärkt.

Derweil reißt sich die immerscharfe Inga nach einem verpassten Beischlaf mit einem Disco-Boy einen (noch) unbekannten Macker unter den Nagel. Keine Frage: Sie will es wissen. Mit ihm fährt sie zu einem angeblichen Liebesnest, welches sich aber im weiteren Verlauf als heruntergekommenes Sägewerk entpuppt. Bereitwillig lässt sie sich in Vorfreude auf ein nettes Sex-Abenteuer sogar auf einem Steinblock fesseln. Erst als der Unbekannte eine riesige Säge einschaltet, wird ihr etwas anders zumute - aber da ist es ja eh schon zu spät.

Angelas Angst indes hat sich dermaßen gesteigert, dass sie sich in ihrem Bungalow verschanzt. Erst als ihre Kameradin Laura um Einlass verlangt, beruhigt sie sich etwas. Bei dem Versprechen, nur einen Schlummertrunk für beide zu organisieren, läuft natürlich auch sie alsbaldig in die Hände des Psychopaten. Angela bleibt abermals allein zurück. Als sie zu Bett gehen will, entdeckt sie Ingas abgesägten Kopf in ihrer Schlafstätte, darauf folgend noch Evas Leiche im Kleiderschrank sowie Laura links vom Ventilator von der Decke baumelnd. Als es kaum noch schlimmer kommen kann, steht der Killer plötzlich auch vor ihr. Doch abermals ist Antonio zur Stelle, der sich heldenhaft (oder aus unsagbarer Dummheit) zwischen Angela und den Killer wirft.

Angela kann aus dem Bungalow fliehen und gerät an Manuela, die sie zu sich ins Haus bringt und dort mit einem mit Betäubungsmitteln angereicherten Getränk versorgt. Dies nicht ohne Hintergedanken, denn wenig später entpuppt sie sich als wahre Drahtzieherin der Morde, die ihr Handlanger Alvaro nur zu gern für sie ausgeführt hat. Der Hintergedanke: Wenn alle tot sind und die Schuld dem verunstalteten Miguel in die Schuhe geschoben wurde, sonnt man sich trotz Enterbung doch noch in dem Vermögen der Comtesse. Logisch aber auch, dass letztendlich doch noch das Gute triumphieren darf und alle bösen Menschen ins saftige Gras beißen ...

Das Flickwerk der Handlung, welches nicht nur vor Ungereimtheiten strotzt, sondern auch nicht wirklich spannend ist, ist schon eine Sache für sich. DIE SÄGE DES TODES bietet natürlich darüber hinaus zahlreiche weitere Angriffsflächen für Kritik, doch wie die jüngsten Beispiele dieses Sub-Genres dank der neuerlichen SCREAM-Initialzündung auch nach 20 Jahren noch beweisen, kann man's ja selbst heutzutage nicht besser. Grob fahrlässig ist allerdings schon, was dem Betrachter in der Gesamtheit vorgesetzt wird. Egal ob es nun die aufgetischten Märchenbuch-Charaktere sind, die grottenschlechten Dialoge oder die scheußlich lahmen Effekte - alles wirkt wie in Windeseile zusammengeworfen. Ebenso natürlich die Schauspieler-Truppe, die in diesem Trauerspiel ihren Auftritt feiert.

Olivia Pascal, nicht zuletzt bekannt geworden durch Banalitäten wie COLA, CANDY, CHOCOLATE oder unwiederholbare Entgleisungen vom Schlage MANCHE MÖGEN'S PRALL (aka KESSE BIENEN AUF DEN PHILIPPINEN) und SUNSHINE REGGAE AUF IBIZA, in dem sie neben Chris Roberts und Karl Dall das Frauchen spielt und für turbulente Verwirrungen sorgt, mag trotz allergrößter Bemühungen als "Scream Queen" nicht gefallen (und überzeugen schon erst recht nicht). Erstaunlich nur, dass sie dennoch bereits in dem ebenfalls von Jess Franco angerührten LIEBESBRIEFE EINER PORTUGIESISCHEN NONNE (1976) schon mal nahe dran war, so etwas wie "gut" zu sein. Auch Christoph Moosbrugger als entstellter Scherge ist irgendwie schon eine Schau. Über den Rest der darstellerischen Elite ist von vornherein das Mäntelchen des Schweigens zu legen. Filme wie KESSE TEENS UND IRRE TYPEN, in der Jasmina Losensky zu sehen war, bedürfen nicht unbedingt näherer qualitativer Erläuterungen.

Allenfalls passen diese noch zu dem Subtext der SÄGE, welcher von drallen und immer willigen Mädchen zu erzählen weiß, die vor allen Dingen der Erfüllung sexueller Träumereien entgegenstreben. Da verwundert es doch nicht, dass dieses Fach in Francos Sprachschule - nicht zuletzt auch durch Äußerungen wie "Fremde Sprachen lernt man am besten im Bett!" - wohl unbewusst höchste Priorität genießt. Auch sonst lässt der Film nicht umsonst Glauben, dass vorrangiges Ziel nur sein kann, möglichst schnell mit irgendwem in der Heia zu landen.

Man darf nur froh sein, dass angesichts solcher heißen Eisen Francos Kamera, ganz im Gegensatz zu seinen anderen Filmen, diesmal sogar ausgesprochen ruhig geführt wird. Auf die entsprechenden Zooms in private Regionen wurde in Anbetracht der Zugeständnisse an die Massenverträglichkeit und des Filmthemas auch von vornherein verzichtet - aber das war bei dem mit fast identischer Crew und Katja Bienert im Anschluss produzierten LOLITA AM SCHEIDEWEG ja auch schon wieder etwas anders.

Allein dem Regisseur die Schuld für DIE SÄGE DES TODES unterzujubeln, der beileibe nicht zu den filmischen Aushängeschildern des Spaniers gehört, wäre allerdings grundlegend falsch. Franco, der in SÄGE in einer kleinen Rolle als Psychiater zu sehen ist, hat in der Vergangenheit mehrfach bewiesen, dass er im Horror-Film und seinen Sub-Genres stilsicher arbeiten kann - allerdings wohl weniger unter der Knute deutscher Finanz-Jongleure, die ihre Produkte in erster Linie auf Markt-Tüchtigkeit abklopfen. Franco, der mit ENTFESSELTE BEGIERDE, VAMPYROS LESBOS - ERBIN DES DRACULA oder seiner ausgesprochen atmosphärisch inszenierten Dracula-Verfilmung NACHTS, WENN DRACULA ERWACHT bewiesen hat, dass er in der Lage ist, durchaus Ansehnliches hervorzubringen, erfährt - müsste er seine Künste nur an Auftragsarbeiten wie dieser messen lassen - natürlich eine ungerechte Behandlung.

In DIE SÄGE DES TODES wurde einfach viel zu sehr auf die Dummheit der Zuschauer gesetzt, was den Film in einer Art Boomerang-Effekt natürlich sehr schadet. Zu Beginn mögen die Disco-Szenen, die mit Schmuse-Mucke samt profanem Text ("Gimme that holiday feelin'!") untermalt sind, noch unterhaltsam sein, doch spätestens wenn sich der Film mit einem rappeligen Heimwerker-Schulschild (selbst auf Video zu erkennen: aus Pressholz gefertigt und mit selbstklebenden Baumarkt-Buchstaben bestückt) um Authentizität bemüht, wenn man nicht müde wird, John Carpenters HALLOWEEN zu zitieren, wenn Spanier mit deutschen Namen wie "Rolf" herumlaufen - ja dann ..., dann ist es selbst mit der größten Gutmütigkeit schnell vorbei. Die Fehler des Films treten in so massiver Weise in den Vordergrund, dass man gar nicht mehr anders kann und alle nur erdenklichen Vorurteile gegen denselben und das Genre an sich auf einen Schlag bestätigt sieht.

Es ist dennoch nicht von der Hand zu weisen, dass Franco immerhin in einigen Szenen in der Lage ist, ein akzeptables Spannungsmaß aufzubauen, wenn dieses mühsam aufgebaute Gerüst auch jäh von den schlechten Darstellern schnellstmöglich eingerissen wird, die in der sowieso schon nicht allzu berauschenden Story wie erblindet herumirren und ihren Platz nicht finden wollen. Das mag sicherlich auch daran liegen, dass die in erster Linie aus unserem Heimatland exportierten Darsteller über keinerlei Genre-Erfahrungen verfügten und offensichtlich einzig und allein nach optischen Gesichtspunkten gecastet wurden.

Die Gesamtleitung für SÄGE DES TODES oblag niemand geringeren als Wolf C. Hartwig, dem Produzenten der sich über 13. Teile erstreckenden SCHULMÄDCHEN-REPORT Spielfilm-Serie und vieler anderer Werke, die sich um die sexuelle Aufklärung des Bürgertums mühten. Was soll es da wundern, dass sich sexuelle Neugier und Experimentier-Freudigkeit vordergründig als Lückenfüller auch in SÄGE wiederfinden lassen. Ein Umstand, der sich insbesondere auch in den Dialogen des Films fortsetzt, welche thematisch so einseitig und inhaltlich so dumm (Mädchen beim Lösen eines Kreuzworträtsels in die Runde fragend: "Kapitalverbrechen mit vier Buchstaben?" - "Mord." - [längere Pause, dann:] "Ah, ja! Dufte! Mord!") ausgefallen sind, dass man wider besseren Wissens schon glauben könnte, in einer dumpfnasigen Lümmel-Sexklamotte gelandet zu sein. Fragt sich nur, ob Erwachsene, für die dieser Film in erster Linie freigegeben ist, mit derlei Thematik in den wesentlich freizügigeren 80ern noch etwas anzufangen wussten. Näher liegt die Vermutung, dass der Film wohl ursprünglich für ein jüngeres (pubertierendes) Publikum konzipiert wurde, was auch erklären mag, das zum Kinostart eine mehrteilige Fotoroman-Umsetzung des Streifens in der "Bravo" erschien [Anm.: siehe weiteres Werbematerial!]. Ein Schelm, wer böses dabei denkt ...

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