MANIAC
Originaltitel | MANIAC |
Land und Jahr | USA 1979 |
Regie | William Lustig |
Produktion | Andrew Garroni & William Lustig |
Ausführende Produzenten | Joe Spinell & Judd Hamilton |
Associate Producer | John Packard |
Drehbuch | C. A. Rosenberg & Joe Spinell, nach einer Story von Joe Spinell |
Kamera | Robert Lindsay |
Schnitt | Lorenzo Marinelli |
Musik | Jay Chattaway |
Special Make-up und Effekte | Tom Savini |
Darsteller | Joe Spinell (Frank Zito), Caroline Munro (Anna D'Antoni), Gail Lawrence (Rita), Kelly Piper (Nurse), Rita Montone (Hooker), Tom Savini (Disco Boy), Hyla Marrow (Disco Girl), James Brewster (Beach Boy), Linda Lee Walker (Beach Girl), Tracie Evans (Street Hooker), Sharon Mitchell (2nd Nurse), Carol Henry (Deadbeat), Nelia Bacmeister (Carmen Zito), Louis Jawitz (Art Director), Denise Spagnuolo (Denise), Billy Spagnuolo (Billy), Frank Pesce (TV Reporter) u. a. |
deutsche Erstaufführung | 14.11.1980 |
Verleih | Fuchs Filmtheater |
Format | 1:1,85 |
Laufzeit | 88 Minuten (deutsche Kino-Version) |
Home-Entertainment | Video: Arcade, Astro. |
Bis heute hat sich William Lustigs Spielfilmdebüt MANIAC den Status eines der kontroversesten Horrorfilme bewahrt. Bereits bei dem offiziellen US-Start liefen nicht nur Frauenverbände Sturm gegen den Film, sondern auch - in nicht unerheblicher Zahl - die Horrorfans, für die der Film eigentlich bestimmt war.
William
Lustigs Film schildert die Geschichte von Frank Zito, einem einsam in New York
dahinvegetierenden Psychopathen. Frank Zitos einzige Beschäftigungen bestehen
vornehmlich aus einem deliriumsähnlichen Schlaf und der Unterhaltung mit seinen
zahllos in der Wohnung verteilten Schaufensterpuppen. Seinen aufgestauten Aggressionen
lässt er nur in der Nacht freien lauf. Dann begibt er sich auf die Jagd nach
- vornehmlich weiblichen - Opfern, die er auf grausamste Weise tötet. Durch
Zufall schließt er Bekanntschaft mit einer Modephotographin, zu der er fortan
eine oberflächliche Beziehung unterhält. Als sie sich beide immer näher kennen
lernen, bricht in Frank Zito allerdings wieder das Monster durch und trachtet
der bildhübschen Frau nach dem Leben ...
Ganz sicher nimmt MANIAC einen Sonderplatz
in dem Subgenre des Serial Killer-Schockers ein. Nicht nur, weil er weit vor
solchen Filmen wie John McNaughtons HENRY - PORTRAIT OF A SERIAL KILLER oder
Jonathan Demmes SILENCE OF THE LAMBS entstanden ist, sondern weil er sich auch
auf eine bis dahin eher unbekannte und auch wesentlich unbequemere Art mit seinem
Killer auseinandersetzt. Während im klassischen Kino der Killer eher eine Außenseiterfunktion
einnimmt und eigentlich nur für die Chargearie der Heldentypen von Nutzen ist
(so auch in SILENCE OF THE LAMBS, der sich eng an diesem klassischen Muster
orientiert), stellt MANIAC seinen Killer in eine zentrale Position. Ein
ebenfalls klassisches Identifikationsmodell bleibt dem Zuschauer hierdurch generell
versagt. Vielmehr muss er sich mit seiner Rolle als reiner Betrachter des Schauerstücks
zufrieden geben, wodurch der Film einen Großteil seiner eigentümlichen Wirkung,
dem Verwischen von Delirium und Realität, bezieht. Wenn Frank Zito auf dem Friedhof
seine Mutter aus dem Grab hervorkriechen sieht oder am Ende des Films, sich
in einem Wahnzustand befindend, von seinen Schaufensterpuppen attackiert wird,
verschwinden auch für den beobachtenden Zuschauer die sonst so klar definierten
Grenzen zwischen Traum und Handlung.
Ein nicht unerheblicher Teil des
Films wird von der Vorbereitung und Durchführung der verschiedenen Morde in
Beschlag genommen. Dabei weiß Regisseur Lustig nicht nur oftmals eine extreme
Spannung aufzubauen, sondern die Dreistigkeit der Schockmomente sucht selbst
heute noch ihresgleichen in der Zelluloidlandschaft. Ganz
sicher zählt MANIAC nach wie vor zu den blutigsten Vertretern des modernen Horrorfilms,
wobei hier auch gleichzeitig die größten Schwächen des Films liegen. Die Morde
(z. B. an der Krankenschwester, die von Frank Zito in einem schmierigen U-Bahn-Klosett
hinterrücks aufgespießt wird, oder am Disco-Pärchen, das der Wahnsinnige im
Auto mittels Schrotgewehr erledigt) sind nicht immer unbedingt für die eigentliche
Handlung von Nutzen und wirken daher durchaus eher selbstzweckhaft. Unbestreitbar
weiß zwar zumindest die dabei aufgebaute Spannung noch zu begeistern, aber wirklich
etwas anfangen kann man mit diesen Szenen eigentlich nicht - zumal sich hierbei
auch ein eher fader Nachgeschmack bildet, der den ansonsten stilsicher und oberhalb
des Durchschnittshorrors inszenierten Film überschattet.
Effektkünstler Tom Savini, der zum MANIAC-Projekt nach Beendigung der Dreharbeiten zu Sean S. Cunninghams Billig-Schlitzer FREITAG, DER 13. stieß, leistete in diesem Film absolut perfekte Arbeit. Wirklich gelungen und selbst unter heutigen Gesichtspunkten schockierend, sind insbesondere die Skalpierung der Prostituierten im schmuddeligen Hotelzimmer sowie das bereits geschilderte grausame Ende des Maniacs. Tom Savini, der nicht zuletzt durch seine Arbeit an George A. Romeros Horrorepos DAWN OF THE DEAD Kultstatus erreichte, hat in MANIAC Arbeiten abgeliefert, die vor Realismus nur so strotzen. Doch es ist nicht nur die drastische Härte des Films, die ihn so schockierend macht. Vielmehr weiß der Film gerade durch das Zusammenspiel der Effekte, der schmuddeligen Atmosphäre und nicht zuletzt der exzellenten Darstellungsfähigkeiten seiner Schauspieler zu überzeugen.
Gerade auch die schonungslose Bestialität
des Films untermauert die Tatsache, dass MANIAC zu den reiferen Horrorfilmen
gerechnet werden darf. Er bedient mit Sicherheit kein - zumeist gerade der Pubertät
entwachsenes - Publikum, das auf eine lustvolle filmische Geisterbahnfahrt aus
ist. Dafür scheinen Filme wie der gerade erwähnte FREITAG DER 13. dann doch
geeigneter. Viel
zu sehr konzentriert sich MANIAC auf die geistige Verfassung seines titelgebenden
Killers und widmet der vielschichtigen Charakterstudie einen Großteil seiner
Spielzeit. Wir sehen und erleben Frank Zito immer wieder in einer Art völligen
Zerrissenheit, wobei die, beispielsweise in den Szenen mit Caroline Munro im
Fotostudio, offengelegte und zuweilen nur aufgesetzte, hilflose Drolligkeit
binnen weniger Momente in schieres Berserkertum umkippt. Zudem lernen wir auch,
wie Zito vorgeht. Entweder er plant seine Morde überhaupt nicht (siehe Disco-Pärchen)
oder er fädelt sie mit einer gewissen Art von Raffinesse ein. Im Falle des Fotomodells
entwendet er im Studio, auch auf die Gefahr hin entdeckt zu werden, eine Halskette,
um sich später mit dieser Zugang zu der Wohnung seines Opfers zu verschaffen.
Hauptdarsteller Joe Spinell, eine der treibenden Kräfte hinter den Kulissen von MANIAC, offenbart in diesem Film seine ganze Schauspielkunst. Nicht nur charakterlich, sondern auch physisch kauft man ihm die Rolle der Bestie sofort ab. Spinell, der zuvor in - im Vergleich zu MANIAC - recht großen Produktionen wie THE GODFATHER oder TAXI DRIVER mitspielte und sich auch nicht für ROCKY II und den von Luigi Cozzi dahingewursteten Italo-Science Fictioner STAR CRASH zu schade war, war darüber hinaus auch in dem 1982 ebenfalls von William Lustig inszenierten Tribut an den italienischen Polizei- und Gangsterfilm VIGILANTE zu sehen. Nach einem exzessiven Leben bestehend aus triebhaften Alkohol- und Drogenkonsum verstarb Spinell am 13.01.1989 im Alter von 52 Jahren unter tragischen Umständen in New York.
Regisseur
William Lustig, geboren 1955 in der Bronx, begann seine Karriere bereits im
zarten Alter von 16 Jahren als Editor in der New Yorker Pornofilm-Szene, die
damals noch von findigen Produzenten und der Mafia kontrolliert wurde. Durch
seine Arbeit im Studio kam Lustig recht bald auch mit anderen Filmstoffen in
Berührung (u. a. überwachte er das Editing der Dailies für Michael Winners DEATH
WISH) und eignete sich umfassende filmtechnische Kenntnisse an, die es ihm bald
ermöglichten, bei seinem ersten eigenen Porno, THE VIOLATION OF CLAUDIA, Regie
zu führen. Die Gewinnbeteiligung an diesem Film sowie auch an dem darauffolgenden,
HOT HONEY (ebenfalls ein Porno), versetzten ihn in die Lage, mit der Produktion
von MANIAC zu beginnen. William Lustig drehte in den darauffolgenden Jahren
noch den bereits oben erwähnten VIGILANTE und machte sich insbesondere mit der
von Horrorveteran Larry Cohen produzierten MANIAC COP-Serie Ende der 80er einen
Namen. Mittlerweile beschäftigt sich Lustig neben seinen Filmprojekten mit der
Herausgabe von DVDs. Viele der bei den US-Anbietern ANCHOR BAY und ELITE veröffentlichten
Titel, vor allem die europäischer Herkunft, gehen auf Lustigs Engagement in
diesem Bereich zurück.
Die britische Schauspielerin Caroline
Munro, sicherlich das Glanzlicht dieses Films, kam erst spät zu dem MANIAC-Projekt.
Sie wurde fast über Nacht durch die Überredungskünste von Joe Spinell anlässlich
einer Horror-Convention in New York für MANIAC gewonnen. Caroline Munro, die
ihre Glanzzeit in den 70er Jahren durch einige HAMMER-Filme, dem Ray Harryhausen-Streifen
THE GOLDEN VOYAGE OF SINDBAD und nicht zuletzt durch ihren Status als Bond-Girl
an Roger Moores Seite in THE SPY WHO LOVED ME hatte, muss sich in MANIAC sicherlich
das Gütesiegel der oberflächlichen Schönheit gefallen lassen. Charakterlicher
Tiefgang war im Drehbuch von MANIAC für sie nicht vorgesehen - ein Umstand,
der sich auch in anderen Produktionen fortsetzte und insbesondere in STAR CRASH
und THE LAST HORROR FILM, in denen sie abermals an der Seite von Joe Spinell
agierte, beobachtet werden kann. Als Schauspielerin ist Munro nie aus dem Schatten
ihres Images als "Scream Queen" herausgetreten und dümpelte in den folgenden
Jahren in eher dümmlichen Produktionen vom Schlage SLAUGHTER HIGH oder DON'T
OPEN TILL CHRISTMAS dahin, ehe sie Horror & Sex-Veteran Jess Franco für seinen
bisher reifsten Film, FACELESS, engagierte.
MANIAC ist kein angenehmer Film. Kein Film, der unbedingt dazu einlädt, mit einer Cola und einer Tüte Popcorn goutiert zu werden. MANIAC offenbart seine Qualitäten nicht beim oberflächlichen Betrachten, sondern vielmehr fordert es schon genaues Hinsehen, um die wirklichen Schrecken des Films zu ergründen.
Im Zeitalter von immer fortschreitender Verniedlichung des Massenmörder-Thrillers bis hin zum blanken Veralbern desselben (und wer erinnert sich da nicht sofort mit Grausen an filmische Entgleisungen a la DAS SCHWEIGEN DER HAMMEL?) und kommerzieller Ausbeutung in beinahe allen erdenklichen Formen darf MANIAC als eine Außenseiterproduktion selbst heute noch einen unangefochten hohen Platz im Horrorfilm für sich beanspruchen.
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