LADY FRANKENSTEIN
Originaltitel | LA FIGLIA DI FRANKENSTEIN |
Alternativtitel | DAUGHTER OF FRANKENSTEIN MADAME FRANKENSTEIN |
Land und Jahr | Italien 1971 |
Regie | Mel Welles |
Produktionsfirma | Condor International |
Drehbuch | Umberto Borsato, Egidio Gelso & Harry Cushing(!) [= Aureliano Luppi] |
Kamera | Riccardo Pallottini |
Schnitt | Cleofe Conversi |
Ton | |
Musik | Alessandro Allessandroni |
Darsteller | Joseph Cheshire Cotten (Baron Frankenstein), Rosalba Neri (Tania, seine Tochter), Mickey Hargitay (Polizeichef Harris), Paul Müller (Dr. Charles Marshall, Assistent des Barons), Herbert Fux (Grabräuber Lynch), Paul Whiteman (Monster), Marino Masé (Thomas, der dumme Diener), Herb Andress (Grabräuber), Romano Puppo (Zack, aufgebrachter Bürger), Gianluigi Loffredo (aufgebrachter Bürger), Renata Cash [= Renate Kasché] (Julia, Thomas Schester), Ada Pometti, Lorenzo Terzon u. a. |
deutsche Erstaufführung | 28.01.1972 |
Verleih | Adria |
Format | 1:1,85 |
Laufzeit | 94 Minuten (deutsche Kino-Version) |
Home-Entertainment | Video: Heeres Video. |
"Ich muss ein vollkommenes Geschöpf erschaffen. Ach egal, Hauptsache, ich erwecke es zum Leben."
Dialogzeile
Auf
diesem Niveau bewegen sich die Dialoge dieses Herbert Fux-Klassikers ("Man
merkt, dass hier ein primitiver Kerl lebt. Sie Schwein!"). Der einzigartige
Großmeister des europäischen Exploitationfilms (im November 1999 umjubelter
Stargast des GEHEIMNISVOLLEn FILMCLUBs BUIO OMEGA) bekleidet in dem metaphysischen
Reißer LADY FRANKENSTEIN eine weitere unsterbliche Nebenrolle. Er verkörpert
hier den Anführer einer Meute von Grabräubern, zu denen auch der Österreicher
Herb Andress gehört, der schon einmal mit einem berühmten Hamelner Autor eine
Runde Häufeln gekloppt hat (Welch ein Aufstieg:-). Andress, der heutzutage noch
in RTL-"Actionkrachern" auftaucht, drehte dereinst sogar mit Fassbinder (LILI
MARLEEN) und Petersen (ENEMY MINE)! Seine schauspielerische Grundausbildung
erfolgte im "American Actors Workshop" unter dem Amerikaner Mel Wells.
Genau
dieser Mel Welles inszenierte auch LADY FRANKENSTEIN, und nicht, wie oft angenommen,
der deutsche Regisseur Ernst Ritter von Theumer. Von Theumer benutzte zwar häufig
das Pseudonym "Mel Welles", fungierte hier aber lediglich als Produzent. Seine
Filmographie besteht aus einer beträchtlichen Stange von Y-Reißern wie beispielsweise
ICH, DIE NONNE UND DIE SCHWEINEHUNDE und DER IRRE VOM ZOMBIEHOF. Mit einem Mindestmass
an handwerklichen Fähigkeiten ausgestattet, bietet er dem Publikum das, was
es verlangt: Sex & Crime. Heute lebt er in München und wird nicht von allen
geliebt ... Über den Amerikaner Mel Welles sind leider kaum Informationen zu
erhalten.
Doch kommen wir zurück zur Handlung
des Films. Besagter Herb Andress räubert also des nachts in fremden Gräbern,
um dem Baron Frankenstein (Joseph Cotten) frisches Experimentiermaterial zu
liefern. Baron
Blood und sein semi-moralischer Assistent Marshall (der Schweizer Paul Muller)
wollen einen italienischen Filmtraum zum Leben erwecken: Den künstlichen Menschen!
Zum Trio Infernale gehört außerdem die wunderbare Rosalba Neri als titelgebende
Lady F., bürgerlich Tania (Sandra, Simone ...). Dieser emanzipatorische feuchte
Traum ist kälter als eine Hundeschnauze und schreckt auch nicht davor zurück,
debile Diener (Masé als Glöckner) zu deflorieren. Es kommt, wie es kommen muss,
das Monster ist nicht gerade human eingestellt, möglicherweise eine Folge davon,
dass die Einzelteile von perversen Verbrechern stammen. Am Ende geht alles in
Flammen auf, was möglicherweise auch für das Filmnegativ das beste gewesen wäre
...
Anfang der 70er Jahre entdeckten italienische Produzenten eine wunderbare Verbindung aus gotischem Schauermärchen à la Hammer und ihren eigenen Erotik-Phantasien im Stil der italienischer Sado-Comics. Die Qualität tendierte dabei meist gegen den unteren Rand des Spektrums, Mario Bavas BARON BLOOD einmal ausgenommen, wo Cotten eine ähnliche Rolle übernahm. Dem aus Petersburg, Virgina stammenden Veteranen war anscheinend sowieso egal, wofür er seine Handvoll Lire bekam und spielt lustvoll bei diesem Überschrott mit. Weitere ähnliche Werke sind Mario Mancinis FRANKENSTEIN 80 und Sergio Garrones LE AMANTI DEL MOSTRO (mit Kinski).
Wer
das Glück hat, die äußerst seltene Heeres-Videocassette (Vollbild) zu ergattern,
wird mit einem Trashensemble erster Güte verwöhnt. Neben Fux, Cotten und Rosalba
(Sexszene!) ist auch Anti-Mime Hargitay dabei, der einen schmissigen Police-Captain
gibt. Diese Tatsache rückt den Film in die Nähe von diversen Polselli-Krachern,
die vielleicht noch eine Spur abgedrehter sind. Paul Muller konnte der deutsche
Kinogänger noch vor kurzem in einem Volksbank-Werbespot (!) erblicken, am Telephon
aber ist der Mann eher unzugänglich.
Sehr interessant besetzt ist auch eine kleine Nebenrolle mit Renate Kasché (Renata Cash), die in diversen deutschen Sexfilmen der Zeit auftauchte (VENUS IM PELZ, JOSEPHINE MUTZENBACHER, EINE ARMEE GRETCHEN). Geschlechtsgenossin Rosalba setzte sich nur wenige Jahre später in einem Schloss zur Ruhe, vielleicht handelt es sich dabei um Frankensteins Behausung aus diesem Film, weil alle Darsteller mit Naturalien bezahlt wurden. Die Belohnung des Zuschauers sind 90 Minuten Achterbahnfahrt ohne Netz und doppelten Boden. Fux zur Neri: "Hinterher nehmen Sie ein schönes Bad und dann fühlen Sie sich wie neugeboren." Das gilt auch für den Zuschauer!
© by KARSTEN THURAU
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